Sommerzeit – Lesezeit! Auch Lesestammtischzeit? Einige von uns sind schon im Urlaub. Also deshalb den Juli-Stammtisch ausfallen lassen? Nicht, wenn es Alternativen gibt. Der Rest unseres Lesestammtisches traf sich im Schloss Bevern, um dort die sehr gelungene Brillen-Ausstellung anzusehen. Die private Sammlung des fränkischen Optikers Gerhard Mayer umfasst mehrere hundert Exemplare von Brillen, Monokeln, Lorgnetten und sogenannte Fadenbrillen aus mehreren Jahrhunderten. Dazu liefert die kompakte und doch informative Präsentation die Geschichte der Sehhilfe von der Erforschung der Lichtbrechung in der Antike bis zu den ersten belastbaren optischen Berechnungen im 19 Jahrhundert. Im asiatischen Raum dienten Brillen nicht immer nur als Lesehilfe: Mönche und Wissenschaftler trugen ungeschliffene Augengläser, um damit ihre Gelehrsamkeit auszudrücken. Parallel zu derlei wissens- und schmunzelnwerten Details liefert die Ausstellung Einblicke in die Glasherstellung gestern und heute. In den sechziger Jahren geschah fast alles noch in Handarbeit. Ohne Handschuhe schnitten, brachen und schliffen geschickte Hände, von Schnittwunden unbeeindruckt, rasch und präzise die Rohlinge, ehe sie gut verpackt zu den Optikern geschickt wurden. Heute greifen Roboter-Arme mit hoher Geschwindigkeit in High-Tech-Maschinen, um die Linsen von einem zum nächsten Produktionsschritt zu befördern. Und das keine 20 Autominuten von uns entfernt, in Grünenplan, wo Glas eine jahrhundertelange Tradition hat.
Was uns Leseratten, Brillenträger allesamt, zudem noch auffiel: die Begleittexte waren auf transparenten Folien gedruckt, die sich leicht beulten und so unangenehme Lichtreflexe erzeugten. Dadurch blieben die Betrachter in Bewegung, weil man ständig den Blickwinkel ändern musste. Einige der Texte hingen zudem noch so hoch, dass Gleitsichtbrillenträger den Kopf arg in den Nacken werfen mussten, um genau zu fokussieren. So wurde die Brillenausstellung besonders für Brillenträger zum sinnlichen Erlebnis. Mit steifem Nacken, aber bestens informiert, ließen wir die Eindrücke im benachbarten Eiscafé Bruno revuepassieren.