Es ging um die Liebesbeziehung zwischen der Diva und dem Großschriftsteller, zwischen Marlene Dietrich und Erich Maria Remarque. Beide wurden fast gleichzeitig berühmt, Marlene durch den Film „Der blaue Engel“ und Remarque mit seinem Antikriegsroman „Im Westen nichts Neues.“ Und beiden Superstars wurde ein reges Liebesleben nachgesagt, Marlene unterstellte man gar drei Liebhaber täglich! Und beide kokettierten ein wenig mit diesem Ruf.
Sie trafen sich erstmals in Venedig, die Dietrich saß mit dem Regisseur des „Blauen Engels“ in einem Café als Remarque sich zu ihnen gesellte. Sternberg merkte schnell, wie es zwischen den beiden knisterte und funkte und zog sich diskret zurück. „Remarque und ich“, schwärmte Marlene später, „wir sprachen die ganze Nacht!“ Sie müssen rasch Vertrauen gefasst haben, denn Remarque gestand ihr schon gleich: „Ich bin impotent!“ Marlenes Reaktion darauf: „Ach wie wunderbar!“ Wie ist das zu verstehen? Die männerverschleißende Diva und der Womanizer freuen sich, dass sie ihrem Ruf mal nicht gerecht werden müssen? Jedenfalls relativiert sich einiges, wenn man, wie die Schauspielerin und Sängerin Gabriele Stern, genauer hinguckt. Stern hat tief gegraben und viel Neues zu Tage gefördert. Sie las aus Briefen und zitierte Zeitgenossen und würzte diese ungewöhnliche Liebesgeschichte mit musikalischem Zeitkolorit. Lieder der Dietrich, aber auch andere Evergreens dieser Zeit trug die Sängerin mit viel Gefühl vor. Die Begleitung am Klavier übernahm diesmal nicht ihr Mann, sondern ihr Sohn Leander Gosch. Der 23-jährige studiert in Hamburg Klavier und Musikpädagogik und freute sich über den ersten gemeinsamen Auftritt mit der Frau Mama.
Die ergiebige Recherche Sterns rückte sowohl diese Liebe wie auch die beiden Liebenden in ein realistischeres Licht. Humorvoll setzte sie eine andere Leidenschaft der Dietrich in Relation zum Liebesleben: „Marlene kochte für ihr Leben gerne! Einige berühmte Zeitgenossen wie Jean Gabin, Gary Cooper oder gar J.F. Kennedy schwärmten von ihren Speisen. Menschen, die ihr nahestanden, sollen gesagt haben, Marlene zog die Poesie der Küche der Prosa im Schlafzimmer vor.“ Also alles halb so wild im Bett? Ach. lassen wir doch der Phantasie ihren Spielraum! Die Liebe jedenfalls wahr echt, das haben beide immer wieder bestätigt, auch wenn ihr Briefwechsel etwas einseitig war: Remarque schrieb fast täglich und beklagte sich über die schwache Frequenz der Geliebten: „Kleiner, süßer Affe, ab und zu kabelst du mal – ist denn ein Brief so schwer?“ Andermal vergeht er fast vor Sehnsucht: „…im Dunkel flogst du in meine Arme – und die Nacht zerfiel und die Welt zerfiel!“ Aber: „Was nützt es, sich mit schönen Erinnerungen zu betrügen?“
Gabriele Stern betrachtet die Briefe des Dichters an die Diva auch als eine Art Selbstgespräche, besonders, als die Zeiten düsterer wurden. „Keine Angst, Liebling, die haben wir längst verlernt, wir haben uns an alles Furchtbare wie selbstverständlich gewöhnt, wir Kinder verwirrter Zeit… So wenig Glaube in uns, viel zu viel Tapferkeit und viel zu wenig Hoffnung.
Marlenes Briefe bleiben deutlich nüchterner: „Liebster, Rindfleisch ganz ohne Fett im eigenen Saft! Du kannst es essen oder wegwerfen – der Saft ist die Hauptsache. Osterküsse, dein Puma!“ Ja, sie hatten eine Reihe von Kosenamen füreinander und was von nämlichen zu halten war, liest sich so; „Wer mit Pumas nicht umzugehen weiß, sollte die Finger davon lassen.“ Remarque wusste damit umzugehen, das beweist die alternde Diva Jahre später in einem Gespräch mit Johannes Mario Simmel: „Remarque – wie habe ich ihn geliebt!“
Diese Liebe haben Gabriele Stern und Leander Gosch unterhaltsam und stimmungsvoll erzählt, das Publikum dankte es mit stehendem Applaus.
Für Gabriele Stern war es sogar eine Art Heimspiel im Weserbergland, sie ist nämlich in Eschershausen geboren. Für den MKV war es eine weitere Gelegenheit, seinen Mitgliedern und Freunden einen zauberhaften Abend zu bereiten.