Berührendes Adventskonzert im Alten Rathaus

Nataliia, Kateryna und David aus der Ukraine begeistern ihr Publikum

Nataliia Rud, Viola und Kateryna Stroitielieva, Piano

Vieles war anders beim diesjährigen Adventskonzert. Statt Vokalkreis und Muh-Kuh-Notenbande in der Kirche gab es klassisch-weihnachtliches im Alten Rathaus. Und die Interpreten stammten diesmal nicht aus der Region, sie kamen auf der Flucht vor dem Krieg in der Ukraine zu uns. Unser Vorsitzender Jörg Hagenstein ging in seiner Begrüßung auf die besondere Situation ein und fasste unser aller Verlegenheit zusammen: „Sollen wir den Wunsch der Flüchtlinge nach baldiger Heimkehr nähren, oder sollen wir ihn unterdrücken helfen. Ich weiß keinen besseren Weg als die Unterstützung bei der Eingliederung als Schüler, Berufstätige oder Künstler.“

Im Mittelpunkt eines Konzertes aber steht immer die Musik, das war auch diesmal nicht anders. Nataliia Rud war bis zu ihrer Flucht als Violistin (Viola)  im Orchester Czernowitz tätig und kam im Juli zu uns. Sie hofft auf ein Engagement in einem deutschen Orchester und hat auch schon erste Kontakte. Kateryna Stroitielieva ist erst 15 Jahre alt und auf dem besten Wege, auch Berufsmusikerin zu werden. Sie floh schon im März mit ihrer Familie aus dem Großraum Kiew. Die beiden lernten sich hier bei der Kirchenmusik kennen. Sie haben in kurzer Zeit ein wunderschönes Konzertprogramm zusammengestellt und mit Hingabe präsentiert. Sie spannten einen Bogen vom Barock bis ins 20. Jahrhundert, vom berühmten „Air“ J. S. Bachs und dem nicht weniger bekannten „Kan0n“ seines Zeitgenossen Johann Pachelbel bis hin zu Filmmusik von Ennio Morricone bis John Williams. Auch Passagen von Tschaikowskis „Nussknacker-Suite“ fügten sich wunderbar ins Adventskonzert ein. Besonders anrührend war das Stück „You rise me up“, von Rolf Undsaet Lövland. Nataliia ließ ihre Beziehung zu dem Lied übersetzen: „Dieses >Du hebst mich hoch> entspricht dem Zustand meiner Seele. Es ist auch mein Zugang zu Gott!“ Hier wurde deutlich spürbar, wie sehr die Flüchtlinge jeden Halt gebrauchen können, um die schlimmen Lage ihrer Heimat irgendwie zu verkraften. Dem Spiel der Musikerinnen war dieser Kummer aber nicht anzumerken – auch die Musik ist ein Raum, der Trost und Halt bietet. So empfanden auch die Zuhörer die versöhnende Kraft der Musik deutlicher als gewöhnlich.

Während der Pause entstanden bei Tee und Keksen viele anregende Gespräche und einige neue Bekanntschaften entstanden dabei.

Danach wurde es weihnachtlich. Nataliias Bruder David Rud wechselte sich mit Kateryna am Piano ab. David ist kein Berufsmusiker, begleitete seine Schwester aber souverän. Zu den Weihnachtsklassikern „Stille Nacht“, „O Tannenbaum“ und „leise rieselt der Schnee“ waren die Zuhörer dann zum Mitsingen aufgefordert. Die Textsicheren sangen wacker, wenn auch sehr verhalten mit, man wollte offenbar die schöne Musik nicht stören mit zu viel Leidenschaft und zu wenig Stimme.

Als Überraschung hatten sich Nataliia und Kateryna ein Musikrätsel ausgedacht. Die achtjährige Valeria erriet als erste den Titel „Schtschedryk“ bei uns bekannt als „Carol of the Bells“ von Mykola Leontowytsch. Sie bekam ein kleines Geschenk dafür.

Viel zu schnell ging dieses wunderschöne Konzert zu Ende und die Forderung nach einer Zugabe unterstrich Bürgermeister Helmut Affelt mit der Bitte um ein ukrainisches Weihnachtslied. Dafür holte Nataliia noch einmal ihren Bruder David ans Piano. So bekamen auch wir Stadtoldendorfer noch den Hauch einer Vorstellung, wie in der Ukraine Weihnachten gefeiert wird. Wir wollen den Kontakt zu den drei Künstlern halten, um sie vielleicht für ein weiteres Konzert zu gewinnen.

Randolf Nott hat ein übrigens  schönes Video vom Konzert gemacht, Sie können es abrufen unter:   https://youtu.be/sSm5DlfH1ZI