E oder U – solche Unterschiede machte Robert Gernhardt nicht, die „ernsthafte“ oder auch „erhabene“ Kunst wusste er immer elegant mit dem U von Unterhaltung zu verbinden. Ob philosophische Spitzfindigkeiten, krasser Sarkasmus, nackter Spott, oder feinsinniges Grübeln – alles verstand er meisterhaft in Sprache zu verwandeln. Ebenso meisterhaft, wie charmant trug die Schauspielerin Cornelia Schönwald Gernhardts Gedichte und Erzählungen einem amüsierten Publikum vor. Gestik, Mimik, Tonfall, alles war genau auf die witzigen bis tiefsinnigen Texte abgestimmt. Das ging von grotesken Wortspielen „…ein Molch zweifelte am Molchsein und stieß sich einen Dolch rein…“ über einen unverstandenen Dichter „…die große Welt, sie wird mich nie begreifen – alles Pfeifen!“, bis zum munteren „Duett im Bett“. Wie kompliziert es im Bett zugehen kann, bewies auch die Geschichte „Ein Kind von dir“, wenn man es intellektuell und livestylemäßig übertreibt, wenn man Freunde in die Entscheidung mit hineinzieht und die Sexualpraktiken eines Südseevolkes bemüht, um den Kinderwunsch abzuwehren. Mitleid bekam das Publikum mit einem Protagonisten, der aus Versehen seinen Vater ermordet, und später irrtümlicherweise seine Mutter geheiratet hatte: Alle kamen sie ihm dann gleich mit Ödipus und niemand würdigte ihn, Georg Schradel, obwohl er Gleiches geleistet hat. Philosophisch mutete es an, als der liebe Gott sich beim reichen Mann einen netten Abend machte und über die Armut lästerte, oder ein kleines Mädchen den Herrn im Himmel mit seiner Frechheit überraschte, „da kann man noch was von lernen…“
„Vom Flachsen zum Tiefsen“ diesem Titel des Programmes folgte Cornelia Schönwald und brachte zum Schluss hin tiefsinnige Gedichte aus den letzten Jahren und Monaten des schon unheilbar kranken Robert Gernhardt. Dass er selbst in dieser schweren Phase seinen Humor nicht verlor, zeigte ein Minidialog am Krankenbett: „Gut siehst du aus!“, „Danke, ich werde es meinem Krebs sagen – der wird sich ärgern!“ Besser kann man die Verlegenheit der Angehörigen eines Todkranken kaum beschreiben.
Auch die musikalische Begleitung passte perfekt zum gesprochenen Wort. Vladimir Miller verstand es, seiner Klarinette Töne zu entlocken, die das eben Gehörte zu bestätigen schienen und auf das nächste Gedicht, die nächste Geschichte neugierig machten. Der Berliner Musiker beherrscht sieben Instrumente, ist sowohl in klassischer Musik wie im Jazz und Klezmer zuhause und komponiert unter anderem Filmmusik (Silver Girls u.v.m.). Cornelia Schönwald und Vladimir Miller boten in Stadtoldendorf dem amüsierten, staunenden und nachdenklich gewordenen Publikum einen Abend auf höchstem Niveau.